[Bericht] Hamburg von einst
Hamburg- raue See, reservierte Menschen, eine frivole Ausgehmeile und stets trübes Schietwetter. Die schöne Elbstadt ist oft von diesen Vorurteilen behaftet- zu Unrecht. Denn Hamburg ist ein wahres Juwel im Norden und von der Vielfältigkeit her kaum von einer anderen Stadt in Deutschland zu überbieten.
Ich denke noch heute sehr gerne an unsere Abschlussklassenfahrt, welche uns eben genau in die Speicherstadt führte. Daher machte ich mich nach all den Jahren erneut auf, um auf den Spuren meiner Jugend zu wandeln. Mit dem Zug ging es auf die Reise und bereits die Ankunft am Hamburger Hauptbahnhof sorgt für ein Mädchen aus der Provinz für Gänsehaut. Kein Wunder, denn jener Bahnhof gehört neben dem von München zu einem der meist frequentierten in ganz Deutschland. Die Fahrt hat hungrig und Lust auf me(h)er gemacht. An einem der vielen Imbissstände nehme ich daher eine Spezialität, nämlich Rundstück warm, zu mir. Ein halbiertes Brötchen, eine Scheibe Fleischbraten, ein Klacks Bratensauce und dazu eine saure Gurke. Sehr lecker! Da der Bahnhof äußerst zentral gelegen ist, geht es erstmal per pedes weiter. Ankommen und runterkommen ist nämlich das Ziel, ehe ich mit kleinem Gepäck in die U-Bahn steige und Richtung Bezirk Eimsbüttel. Hier liegt mein Quartier, welches etwas ganz besonderes ist. „Das kleine Schwarze“, ein sehr neues, außergewöhnliches und urgemütliches Hotel was außerdem ein sehr konsequentes Nachhaltigkeitskonzept verfolgt. Ein wunderschöner Garten lässt einen vergessen, dass man sich dennoch in einem Großstadtschmelztiegel befindet. Nach einem kurzen powernap in meinem individuell kunstvoll gestalteten Zimmer geht es schnurstracks an den Hafen. Strahlender Sonnenschein und Möwengeschrei räumen schon mal mit einem Vorurteil kräftig auf. Hier wird es den grundlegenden Sinnen sicherlich nie langweilig, so viel gibt es zu sehen, zu hören und zu riechen. Ablegende Schiffe schüren das Fernweh während einfahrende Frachter nur erahnen lassen, welche Heimkehrfreude auf dem Schiff gerade herrschen muss.
Es dämmert langsam, ehe ich mich auf den Heimweg mache und unterwegs noch eine Fischfrikadelle verzehre. Am Abend treibt es mich auf den Kiez, die anrüchige Rotlichtmeile. Abseits der bekannten Routen wurde mir von einem guten Kumpel die Lokalität „Safari“ ans Herz gelegt. Ein erotisches Kabarett, welches keine plumpe Sexshow darstellt. Ich werde nicht enttäuscht und bewundere die Darbietungen. Einen Absacker genehmige ich mir noch in der Bar gleich um die Ecke. Ich komme mit einem Urgestein ins Gespräch und bekomme seine ganze Lebensgeschichte auf See zu hören. Danach bin ich platt und sehne mich nach der Kajüte. Es war ein langer Tag und morgen früh bin ich noch auf dem Fischmarkt verabredet. Denn meine intensivsten und prägendsten Erinnerungen von der damaligen Klassenfahrt verbinde ich mit der Livemusik in der „Fischauktionshalle“ am Sonntagmorgen. Was hätte ich damals dafür gegeben, für ’n Moment auf ein Bier und eine Zigarette genau dort in der berauschenden Atmosphäre, zwischen den urbanen Menschen stehen bleiben zu können. Heute kann ich dies tun, ohne vom Lehrer mit erhobenem Zeigefinger ermahnt zu werden. Das Leben ist so schön in all seinen Facetten und die Stadt Hamburg ist es auch.